Der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder hat Entschädigungsansprüche
von Sudetendeutschen an die Tschechische Republik erneut strikt abgelehnt.
Die Aussagen eines Rechtsgutsachtens für Polen seien auch für Tschechien
gültig, sagte er am Freitag nach seinem Treffen mit dem tschechischen
Ministerpräsidenten Stanislav Gross in Berlin. Deutsche und polnische
Juristen hatten in der vergangenen Woche solche individuellen Forderungen
als chancenlos eingestuft. Gross wies darauf hin, dass die tschechischen
Rechtspositionen aus historischen Gründen anders gelagert sind als die von
Polen. Keine Einigung gab es bei den von tschechischer Seite geforderten
kürzeren Übergangsfristen für Arbeitnehmer, die in Deutschland und dem
übrigen alten EU-Raum eine Tätigkeit aufnehmen wollen. In dieser Frage
gebe es weiterhin unterschiedliche Positionen, sagte Schröder. Man wolle
auf Experten-Ebene versuchen, zu einer Lösung zu kommen, hieß es.
Einigkeit gab es dagegen nach Angaben beider Regierungschefs in
Europafragen. Dies gelte sowohl für die Aufnahme von
EU-Beitrittsgesprächen mit der Türkei als auch den geplanten Abschluss der
Verhandlungen mit Bulgarien und Rumänien. Gross wiederum drängte auf rasche
Regelungen bei der EU-Zuwanderungspolitik. Hier sind vernünftige Schritte
notwendig, bevor es zu "extremen Lösungen" komme, meinte Gross.
Die Stippvisite von Gross war der erste offizielle Besuch des mit 35
Jahren jüngsten EU-Regierungschef in Berlin. Der Sozialdemokrat amtiert
seit Ende Juli als tschechischer Ministerpräsident. Zur Teilnahme an einem
Wirtschaftsforum und einem Treffen mit dem deutschen Bundespräsidenten
Horst Köhler wurde am Freitag auch Tschechiens Präsident Vaclav Klaus in
Berlin erwartet.