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Nach Treffen mit Bürgerdemokraten: Ano-Partei will Vorsitzenden des Abgeordnetenhauses stellen

Die Partei Ano beansprucht als Sieger der Parlamentswahlen den Posten des Vorsitzenden des Abgeordnetenhauses für sich. Parteichef Andrej Babis bekräftigte die Forderung nach einem Treffen mit der zweitstärksten Demokratischen Bürgerpartei (ODS) am Dienstag. Auch diese hatte den Posten ursprünglich für ihren Vorsitzenden Petr Fiala vorgesehen. Der Sieg der Ano-Partei sei so hoch, dass es keinen Grund gebe, den Ano-Kandidaten nicht zu wählen, wie Ano-Parteichef Andrej Babiš sagte.

Als mögliche Personalie nannte die Partei Ano bereits am Montag den bisherigen Vizevorsitzenden der Abgeordnetenkammer Radek Vondráček.

Der Parteivorstand der Christdemokraten hat der Partei empfohlen, in die Opposition zu gehen und keine Minderheitsregierung zu unterstützen. Das letzte Wort soll die republikweite Parteikonferenz haben, die am Freitag dieser Woche stattfinde, wie der Parteichef der Christdemokraten Pavel Bělobrádek mitteilte.

Er bestätigte erneut, er werde sein Amt nach dem Wahlmisserfolg am Freitag Verfügung stellen.

Wahlsieger Babiš bekommt den Regierungsauftrag. Nun wird sondiert, auch mit dem Rechtspopulisten Okamura.

Die Resultate der Wahlen zum Abgeordnetenhaus sind am Dienstag in der Sammlung der Gesetze offiziell verkündet worden. Ab Mittwoch bis Freitag, dem 3. November, ist es möglich, Beschwerde über den Verlauf der Wahlen beim Obersten Verwaltungsgericht einzureichen.

Mit der offiziellen Veröffentlichung der Wahlergebnisse wurden die polizeilichen Ermittlungen gegen einige Abgeordnete einschließlich Ano-Parteichef Andrej Babiš und dessen Stellvertreter Jaroslav Faltýnek gestoppt. Mit der Wahl zu Abgeordneten genießen sie wieder die Immunität. Die Polizei muss das Unterhaus erneut um die Aufhebung der Immunität der Abgeordneten ersuchen.

Staatspräsident Miloš Zeman hat am Montag mit dem Wahlsieger Andrej Babiš über das weitere Vorgehen nach der Wahl zum Abgeordnetenhaus beraten. Er werde nächste Woche mit den Gesprächen zur Bildung einer Regierung beauftragt, teilte Milliardär Babiš nach dem Treffen mit Zeman auf Schloss Lány bei Prag mit. Der Ano-Parteichef erklärte, er bevorzuge eine Lösung mit so wenigen Koalitionspartnern wie möglich. Die Ano-Partei war bei den Wahlen mit fast 30 Prozent stärkste Kraft geworden. Zeman habe ihm bezüglich der eventuellen Regierungskoalition nichts empfohlen, erklärte Babiš.

Der Ano-Parteichef wies am Montag erneut die Vorwürfe gegen ihn wegen des Verdachts des EU-Subventionsbetrugs zurück. Das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (Olaf) teilte mit, dass die Ermittlungen der Behörde andauerten. Es geht um Verdacht, dass für den Bau des Luxusressorts „Storchennest“ EU-Fördergelder missbraucht wurden, die für kleine und mittelständische Unternehmen bestimmt waren.

Die Polizei hat im Fall des mutmaßlichen Betrugs mit den EU-Geldern für das Luxus-Ressort „Storchennest“ Ermittlungen gegen elf Personen eingeleitet, darunter auch gegen Ano-Parteichef Andrej Babiš und den Vizechef der Partei Jaroslav Faltýnek.

Das Abgeordnetenhaus hat die Immunität der beiden Parlamentarier Anfang September aufgehoben. Sie haben jedoch ihre Mandate bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus am Wochenende verteidigt. Der Staatsanwalt muss die Ermittlungen einstellen und um die Aufhebung der Immunität erneut ersuchen. Das Ressort gehörte zum Konzern Agrofert von Andrej Babiš, soll aber mit EU-Mitteln für kleine und mittelständische Unternehmen gefördert worden sein.

Die Ano ist zwar Wahlsiegerin, ihr Chef steht aber unter Betrugsverdacht. Präsident Zeman will ihn dennoch ernennen.

Die Christdemokraten haben sich vor vier Jahren als eine staatserhaltende Kraft verhalten und die Wähler haben sie dafür nicht belohnt. Das sagte der Vizevorsitzende der Christdemokraten Marian Jurečka am Montag. Was das bevorstehende Treffen mit der Ano-Partei betrifft, sei er skeptisch, teilte der Christdemokrat mit. Es gibt seinen Worten zufolge andere Parteien, die ein stärkeres Vertrauen genießen.

Der Parteivorsitzende Pavel Bělobrádek wird sein Versprechen einhalten und sein Amt am Freitag auf der bevorstehenden gesamtstaatlichen Parteikonferenz zur Verfügung stellen. Dies teilte der Abgeordnete Jiří Mihola am Montag mit.

Der Spitzenkandidat der Christdemokraten im Kreis Zlín, Ondřej Benešík, ist davon überzeugt, dass die Christdemokraten in die Opposition gehen sollen. Benešík hat sein Mandat im Abgeordnetenhaus verteidigt. Die Christdemokraten haben bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus 5,8 Prozent der Stimmen bekommen, 2013 erhielten sie 6,78 Prozent der Stimmen.

Der Spitzenkandidat der Sozialdemokraten bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus Lubomír Zaorálek und der amtierende Parteichef Milan Chovanec werden alle Regionen besuchen und mit den Parteimitgliedern über die Ursachen der Niederlage der Sozialdemokraten diskutieren. Dies teilte Zaorálek am Montag mit. Die sozialdemokratische Fraktion wird erst am Freitag zusammentreffen.

Zaorálek erklärte erneut, er halte es für wahrscheinlich, dass die Sozialdemokraten in die Opposition gehen werden. Die Partei hat bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus 7,27 Prozent der Stimmen bekommen. 2013 haben die Sozialdemokraten mit 20,45 Prozent der Stimmen gesiegt.

Der EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker wird dem Sieger der tschechischen Wahlen zum Abgeordnetenhaus Andrej Babiš schriftlich gratulieren. Dies teilte Junckers Sprecher Margaritis Schinas am Montag mit. Der Wortlaut des Briefs, den Juncker dem Ano-Parteichef schickt, wird am späten Montagnachmittag veröffentlicht.

Auf eine Journalistenfrage bezüglich der skeptischen Haltung des Wahlsiegers Babiš zur Euro-Einführung in Tschechien antwortete Schinas mit dem Hinweis darauf, dass eine Ausnahme, was die Euro-Einführung betrifft, nur Dänemark hat. Er wolle nicht spekulieren, wie sich die Diskussion über dieses Thema in Tschechien entwickeln werde, so der Sprecher.