Auf dem EU-Gipfel, der morgen in Brüssel über den russisch-georgischen
Konflikt verhandeln wird, soll den Worten des tschechischen Ex-Präsidenten
Václav Havel zufolge Russland klar als Aggressor bezeichnet werden. Dies
sagte Havel am Sonntag in einer vom öffentlich-rechtlichen Tschechischen
Fernsehen ausgestrahlten Diskussionssendung. Er erklärte, der russische
Bär habe den georgischen Zwerg überfallen. Auf dem EU-Gipfel wird nach
einer Antwort auf den Konflikt und die nachfolgende Anerkennung der
Selbständigkeit zweier separatistischer Regionen - Südossetiens und
Abchasiens - durch Russland gesucht. Das tschechische Regierungskabinett
setzt sich für eine territoriale Integrität Georgiens ein und will sich
auf den Wiederaufbau des Landes konzentrieren. Havel zufolge ist dies zwar
richtig, trotzdem wäre es seiner Meinung nach notwendig, klar zu sagen,
wer der Aggressor war. Die Regierung habe, so Havel, zuerst einen guten
Standpunkt bezogen. Nach den Verhandlungen mit Präsident Václav Klaus
habe sich, so der Ex-Präsident, die Regierung ein wenig zurückgezogen.
Havel erklärte, dass die EU wegen ihrer Abhängigkeit von den russischen
Energieressourcen Angst hat, einen rasanten Schritt wie beispielsweise die
Einschränkung des Handels mit Russland zu unternehmen. Es scheine bislang,
so Havel, dass Erdöl wichtiger als die Menschenrechte, die
Selbständigkeit eines Staates und ähnliche Kleinigkeiten sei. Den
Konflikt könne man, so Havel, beispielsweise mit Tschetschenien
vergleichen. Eine Analogie mit der Situation in Georgien sieht der
Ex-Präsident in der Situation nach dem Münchner Abkommen von 1938.