Die Hochwasserlage hat sich am Sonntag an einigen Flüssen in Böhmen und
Mähren zugespitzt. Am Samstag galt Katastrophenalarm in bedrohten Gebieten
von sechs der insgesamt 14 Landkreise Tschechiens. Sondermaßnahmen wurden
auch im Landkreis Usti nad Labem/Aussig
angekündigt. Um 23.00 Uhr kommt in Prag der zentrale Hochwasserkrisenstab
zusammen. Zur debatte steht u.a. auch die Beschwerde der
Landkreisregierung von Olomouc, dass die Wetterprognosen der
Meteorologen falsche und verspätete Informationen beinhalten. Am Sonntag
wird auch das tschechische Kabinett zu einer Sondersitzung
zusammentreffen.
Am Samstag haben die Überschwemmungen ein fünftes Todesopfer gefordert.
Im südböhmischen Veseli nad Luznici, wo eine Zwangsevakuierung in etwa
sechs Strassen ausgerufen wurde, stehen mehrere hundert Häuser im Wasser.
Kritische Situation herrscht nach wie vor in der Region der
mittelmährischen Städte Olomouc (Olmütz) und Litovel, wo die Pegelstände
der Morava / March gestiegen sind. Mit Verkehrsproblemen müssen auch
PKW-Fahrer rechnen, da etwa 20 Straßen zweiter und dritter Kategorie in
den gefährdeten Gebieten geschlossen wurden. Direkt in Litovel sind
bereits mehrere Straßen vom Wasser überschwemmt und als unbefahrbar
gesperrt worden.
Ein großer See, der bereits am Freitag etwa 500 Hektar Felder und Wiesen
überschwemmt hat, bedroht immer noch die südmährischen Gemeinden Jevisovka
und Hrusovany in der Region von Znojmo /Znaim. Über dem Wasserpegel der
durch das Hochwasser gebildeten Lagune ragt ein Eisenbahndamm mit der
Eisenbahnstation Jevisovka, die schon früher geschlossen wurde. Für den
Fall einer Verschlechterung der Lage hat die Feuerwehr einen Plan für die
Evakuierung von rund 800 Einwohnern aus Hrusovany vorbereitet.
Etwa 400 Menschen der südmährischen Gemeinde Pohorelice bei Breclav
mussten heute Nachmittag ihre Häuser verlassen. Laut Prognose soll hier
der Fluss Jihlava zwischen 18.00 und 20.00 Uhr den Scheitelpunkt
erreichen. Als eine provisorische Unterkunft wurde den evakuierten
Personen die Grundschule zur Verfügung gestellt.
Die Hochwasserlage im bis vor kurzem höchst gefährdeten Znojmo / Znaim
entspanne sich zunehmend mit jeder Stunde. Dies sei auf die sinkende
Durchflussmenge der Thaya zurückzuführen, informierte der Bürgermeister
der südmährischen Stadt, Pavel Balik. Ihm zufolge kehren die Einwohner der
evakuierten Stadtteile langsam in ihre Heime zurück. Die
Hochwasserkommission sowie die Teams des Schutzdienstes bleiben jedoch
weiterhin in Bereitschaft.
Eine kritische Lage herrscht auch an den südböhmischen Flüssen Luznice und
Nezarka. In Veseli nad Luznici stehen Hunderte Häuser im Wasser, die Pegel
der beiden Flüsse steigen. Die Durchfahrt durch die Stadt ist gesperrt
worden, rund 1000 Einwohner haben ihre Häuser bereits verlassen.
In der Umgebung von Decin / Tetschen und Litomerice / Leitmeritz sind
mehrere
Strassen unter Wasser. Weitere Einwohner dieser Städte haben ihre Häuser
verlassen. In einen großen See, aus dem die Hausdächer hervorlugen,
verwandelte sich die Gemeinde Kresice.
In Usti nad Labem / Aussig soll der Höchststand der Elbe am Montag bei 900
cm liegen. Zwei Meter sind normal. Aussiger Bürgermeister Petr Gandalovic
wies die Äußerung von Premier Jiri Paroubek zurück, dem nach "die
Stadt" die Möglichkeit versäumt habe, Hochwasserbarrieren zu bauen.
Paroubek besuchte Usti am Freitag.
Der Vorsitzende der mittelböhmischen Landkreisregierung, Petr Bendl hat in
16 Hochwassergebieten Alarmbereitschaft ausgerufen. Laut Wetterprognosen
ist dort die Erhöhung der Pegelstände zu erwarten.
In der tschechischen Hauptstadt gilt vorläufig die zweite Warnstufe. Um
21.00 Uhr kommt wieder die Hochwasserkommission zusammen, um
aufgrund der aktuellen Lage über weitere Maßnahmen zu entscheiden. Nach
Informationen des Prager Oberbürgermeisters Pavel Bem hängt vieles von
Wetterprognosen und der Situation in den an der Moldau liegenden
Talsperren ab. Sollte sich die Durchflussmenge am Prager Abschnitt der
Moldau wesentlich erhöhen, müssten in der Stadt die dritte Alarmstufe
ausgerufen und entsprechende Maßnahmen getroffen werden, sagte Bem am
Samstagvormittag.