Die Europäische Union sollte ihre Sanktionen gegen Russland – ausgerufen
wegen der Annexion der Halbinsel Krim und der Unterstützung der
Separatisten in der Ostukraine durch den Kreml – bis zum Jahresende
aufheben. Das erklärte Präsident Miloš Zeman in einem Gespräch für den
russischen Rundfunksender Kommersant FM, das am Sonntag ausgestrahlt wurde.
Tags zuvor nahm das tschechische Staatsoberhaupt an den
Gedenkfeierlichkeiten zum 70. Jahrestag des Sieges der Sowjetarmee über
Hitlerdeutschland in Moskau teil.
In dem Interview bezeichnete Zeman die Situation in der Ukraine als
befriedigend, da „der Bürgerkrieg im Land praktisch aufgehört habe,
auch wenn es teilweise noch zu kleineren lokalen Scharmützeln käme“.
Die Sanktionen gegen Russland, die allen schaden und keinem nützen,
sollten daher sogleich annulliert werden, wenn erwiesen sei, dass das
Friedensabkommen von Minsk umgesetzt und der Krieg in der Ukraine beendet
sei. Sollte die russische Armee dort hingegen eine offene Invasion
beginnen, müssten die Sanktionen gegen Moskau verschärft werden, sagte
Zeman.
Während seines Moskau-Besuchs war Zeman am Samstag auch mit dem
russischen Präsidenten Wladimir Putin zusammengetroffen. Der Kremlchef
informierte den Gast über seine Sicht der Dinge zur Lage im Donezbecken
und versicherte Zeman gegenüber, er werde alles dafür tun, dass das
Minsker Abkommen bis auf den letzten Punkt erfüllt werde. Er hoffe, so
Putin, dass es in der Ukraine zu einer Dezentralisierung komme, bei der
jede Region ein gewisses Maß an Selbstbestimmung habe.
Präsident Zeman sprach sich in dem Rundfunkinterview für eine neutrale
Ukraine aus. In 20 Jahren werde Russland Mitglied der Europäischen Union
sein und es sei durchaus vorstellbar, dass sich Russland und der Rest
Europas wirtschaftlich ergänzen werden, glaubt Zeman. Die gegenwärtige
Situation in der Ukraine verglich das Staatsoberhaupt mit dem spanischen
Bürgerkrieg in den 1930er Jahren.