Im 18. Jahrhundert kam es zu einem glücklichen Verschränken der grundlegenden europäischen Tendenzen in der gesellschaftlichen und in der musikalischen Entwicklung mit individuellen Zügen einer tschechischen Tradition im Bereich der Volksmusik. Deshalb konnte die tschechische Musik in dieser Zeit so deutlich in den gesamteuropäischen Kontext eingreifen. Ein wichtiger Augenblick in der Entwicklung der tschechischen Musik war der bloße Umstand, dass musikalische Begabung und Ausbildung beachtliche Vorteile mit sich brachten. Die Livree eines Lakaien auf einem Schloss oder das eines Försters bewahrte einen vor der Anstrengung und der Gefahr des Wehrdienstes. Ein guter Musiker hatte oft auch die Hoffnung mit der Zeit aus der Abhängigkeit seines Herrn entlassen zu werden.
Die wichtigste Künstlerpersönlichkeit des tschechischen Klassizismus war František Xaver Brixi (1732-1771). Im Jahr 1744 wurde er in die berühmte Musikschule der Piaristen in Kosmonosy geschickt. Nach dem Studium konnte Brixi erfolgreich sein Geld als Orgelspieler und Komponist in Prager Kirchen verdienen. Im Jahr 1759 wurde ihm die bedeutendste Position der Musik im Land anvertraut - als 27-Jähriger wurde er Kapellmeister im St. Veitsdom auf der Prager Burg. Aus ihm wurde der am meisten gespielte Komponist des 18. Jahrhunderts. Wenngleich die homophone Struktur bei ihm überwog, beherrschte er ausgezeichnet das polyphone Komponieren. Auch wenn er keine 40 Jahre alt wurde, hat er ein breites Werk hinterlassen, bisher handelt es sich um rund 500 Titel. Natürlich überwiegen die Kirchenlieder in seinem Werk; große oratorische Kompositionen wie Filius prodigus, Opus patheticum de septem doloribus und Judas Iscariothes. Ungünstige Umstände ermöglichten es ihm nicht als Autor von Instrumentalmusik hervorzutreten. Die Kompositionen für Cembalo und Orgel sowie die Symphonie in D-Dur stehen am Rand seines Schaffens.
Einen Ehrenplatz im musikalischen Schaffen nimmt die Gruppe der Seger-Schüler ein. Der größten Aufmerksamkeit von ihnen erfreute sich Jan Antonín Koželuh (1738-1814) aus Velvary. Auch er studierte in Wien, war 30 Jahre Kapellmeister des St. Veitsdoms; und er hinterließ Kirchen- und Konzertkompositionen. Als einziger Autor seiner Zeit hat er auch italienische ernste Opern komponiert. Allessandro nell' Indie wurde 1769 uraufgeführt und Demofoonte 1772. Orgelspieler in Strahov war er ungefähr 40 Jahre.
Seit langem schon waren tschechische Musiker in die Fremde gereist; im 18. Jahrhundert, insbesondere in der zweiten Hälfte, erreichte diese Wanderungsbewegung eine ungekannte Intensität. Im westlichen Strom hat die Migration am stärksten in die Entwicklung des Mannheimer Hofes eingegriffen, unter der Leitung von Jan Antonín Stamic (Johann Anton Stamitz, 1717-1757). Stamic kam noch vor 1730 nach Böhmen aus dem slowenischen Marburg, wo er als Sohn eines Orgelspielers, Händlers und Schöffen geboren wurde. Er studierte im Jesuitenkolleg in Jihlava (Iglau). Seit seinem 24. Lebensjahr war er Geiger in der Mannheimer Kapelle, ab dem Jahr 1750 ihr Konzertmeister.
In Italien, wo nur in Ausnahmefällen ein ausländischer Musiker bis zur Spitze vorstoßen konnte, war Josef Mysliveček (1737-1781) am erfolgreichsten. Der Sohn eines Prager Müllers lernte erst das Handwerk des Vaters, bevor er sich völlig zum Musikstudium bei František Habermann und Josef Seger hinwendete. Im Jahre 1763 verließ er seine Heimat, um seine Musikkunst bei Meister G. B. Pescetti in Venedig zu vervollkommnen, und im Jahr 1767 reihte er sich in Neapel mit der Premiere der Oper Bellerofonte zu den erfolgreichsten Autoren der italienischen Opera seria ein. Auch in den anderen Formen, wie der Symphonie, dem Konzert, der Sonate usw. Er entwickelte eine außergewöhnliche Schaffensfähigkeit. Zur Heimat blieb er stets im Kontakt, und einige seiner Opern und Oratorien wurden auch in Prag aufgeführt. In Italien bekam er den Spitznamen Il divino Boemo oder auch Venatorini (ital. für: Mysliveček, Jägerchen). Er starb an einer schweren Krankheit in Rom.
Wichtige Komponisten
František Xaver Brixi (1732-1771)
Jan Antonín Koželuh (1738-1814)
Jan Václav Antonín Stamic (1717-1757)
Josef Mysliveček (1737-1781)
Jan Křtitel Krumpholz (1742-1790)
Pavel Vranický (1756-1808)
Gottfried Rieger (1764-1855)
Jakub Jan Ryba (1765-1815)