Die Rede, die der tschechische Präsident Vaclav Klaus anlässlich des
Staatsfeiertages am Freitagabend auf der Prager Burg gehalten hat, löste
sowohl in der Presse als auch unter Politikern kontroverse Reaktionen aus.
Klaus, der für seine ablehnende Haltung gegenüber einer weiteren
politischen Integration Europas bekannt ist, hatte in seiner Ansprache die
Bedeutung der "nationalen Souveränität" in den Vordergrund
gestellt. Auch nach der Gründung der Tschechoslowakei am 28. Oktober 1918
durch Tomas Garrigue Masaryk sei der Kampf um jene Souveränität
fortgesetzt worden, und es wäre eine Illusion anzunehmen, dass dies im 21.
Jahrhundert anders sein würde, so Klaus. Die Souveränität des Landes solle
nicht leichtfertig aufgegeben werden, meint das konservative
Staatsoberhaupt.
Die linksliberale Tageszeitung Pravo schreibt in ihrer Samstagausgabe,
jeder, der sich auch nur ein bisschen mit Masaryk beschäftigt hätte, würde
wissen, dass dieser die europäische Integration befürworten würde. Auch
die
konservative Zeitung Lidove noviny schreibt, leichtfertig sei vielmehr die
Art, in der Klaus mit dem Vermächtnis Masaryks umgehe. Bohumil Dolezal,
ein bekannter tschechischer Politologe, bezeichnete die EU-Kritik des
Präsidenten als "hysterische Übertreibung". Der
sozialdemokratische Premierminister Jiri Paroubek ist der Ansicht, dass
Klaus in der Feiertagsansprache seine "unmittelbaren politischen
Interessen" verfolgt habe. Ivan Langer, der stellvertretende
Vorsitzende der oppositionellen Demokratischen Bürgerpartei (ODS) hingegen
meint, Klaus habe eine "brillante" Ansprache gehalten. Klaus
hatte die ODS nach der politischen Wende des Jahres 1989 gegründet und ist
heute ihr Ehrenvorsitzender.